Prof. (em) Dr. jur. Bernd-Peter Lange

-Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler-

                                               Pulse of Europe
   Thesen und Forderungen zur Wahl des europäischen Parlaments im Mai 2019


Eingedenk der 20 Millionen Toten im ersten Weltkrieg, der 80 Millionen Toten des zweiten Weltkrieges, der Millionen Versehrten und der weitgehenden Zerstörung der europäischen Zivilisation im vorigen Jahrhundert durch diese Kriege, eingedenk der gegenwärtigen kriegerischen Auseinandersetzungen insbesondere im Nahen Osten und des labilen Zustandes der Weltpolitik und eingedenk der Zunahme autoritärer Regime auch innerhalb der EU  und rechtsradikaler, nationalistischer Bewegungen fordern wir mit Nachdruck:

1. Das Friedens-, Freiheits- und Freizügigkeitsprojekt der europäischen Integration muss gemeinsam erhalten und soweit als möglich ausgebaut werden.

2. Die europäische Demokratie muss weiter gestärkt werden, auch um in der Bevölkerung mehr Unterstützung zu erhalten. Dazu gehört:
a) Der/die Spitzenkandidat/in der europäischen Parteiengruppen zur Wahl des europäischen Parlaments, der/die die Wahl gewinnt, muss Kommissionspräsident/in werden, so wie es bereits bei der letzten Wahl praktiziert wurde.
b) Das europäische Parlament muss die Verfügung über den EU-Haushalt erhalten sowie ein uneingeschränktes Initiativrecht in Bezug auf europäische Gesetze und Verordnungen. 
 

3. Zur Behauptung im oft schrillen Konzert der Weltmächte muss die europäische Außen- und Verteidigungspolitik unter jeweiliger Wahrung unserer Grundwerte verstärkt werden. Es muss weiter daran gearbeitet werden, die Rüstungsbeschaffung in den EU-Mitgliedsländern zu vereinheitlichen. Darin liegt ein großes Einsparpotential und setzt Mittel frei z. B. für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen.

4. Angesichts der Herausforderungen durch ausländische Propaganda und Cyber- Attacken  ist die Pressefreiheit besser zu verteidigen und der Schutz unabhängiger Journalisten auszubauen. Die europäische Öffentlichkeit ist zu stärken.

5. Gegen illiberale Regime wie zur Zeit in Ungarn und in Polen ist mit allen Mitteln der europäischen Verträge vorzugehen. Nur so kann die europäische Demokratie, der Minderheitenschutz und der Rechtsstaat erhalten werden.

6. Die Mitgliedsländer der EU sind in ihrem Bemühen zur Stärkung der inneren Sicherheit und zur Bekämpfung der Korruption tatkräftig zu unterstützen.

7. Zur Stabilisierung der Eurozone bedarf es einer demokratisch legitimierten Institution, die die Einhaltung der Haushaltsdisziplin der Mitgliedsländer streng überwacht.

8. Es ist nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Europäischer Währungsfonds aufzubauen. Sein Ziel muss es sein, Kredite an solche Länder in Europa zu vergeben, die in Bezug auf ihre Infrastruktur  etc. Nachholbedarf, gemessen an europäischen Standards, haben. Die Kreditvergabe muss an politische und demokratische Reformen geknüpft werden und ist vom Europaparlament streng zu überwachen. Dies wäre ein Beitrag auf dem Weg zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in Europa und damit  gleichzeitig ein Mittel zur Stärkung des europäischen Zusammenhalts im Sinne praktizierter Solidarität zwischen reichen und ärmeren EU-Mitgliedsländern.

9.Internetfirmen sollten mit einer europäischen Steuer auf ihre Gewinne, die sie in Europa erzielen, belegt werden. Damit wie auch mit einer europäischen Transaktionssteuer in Bezug auf den Wertpapierhandel könnte eine von den Zuweisungen der Mitgliedsstaaten unabhängige Einnahmequelle für die EU erschlossen werden. So könnten Anstrengungen für eine gemeinsame Verteidigungspolitik oder/und auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit finanziert werden.

10. Wir treten ein für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten, wie wir es z. B. bereits mit dem Euro haben, damit Fortschritte der europäischen Integration zügig umgesetzt und damit sichtbar werden.
Wir fordern eine breite öffentliche Diskussion über die europäischen Perspektiven in den Mitgliedsländern vor der Wahl zum europäischen Parlament. Wir unterstützen den französischen Präsidenten in seinem Bemühen, dieser Diskussion wesentliche neue Impulse zu geben. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich konstruktiv und ohne  Vorbedingungen und rote Linien diese Diskussion aufzunehmen.
Je mehr konkrete Ergebnisse diese Diskussion zeitigt, um so größer wird die Beteiligung an der Wahl sein und damit umso geringer - hoffentlich - der Einfluss nationalistischer Kräfte.

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